Wir haben es geschafft! Wir sind ins dritte Land, Mexico, eingereist. Zuerst gibt es aber noch viel über die letzten Tage im Süden von California zu erzählen. Nach unserem schönen Aufenthalt im Joshua Tree Nationalpark konnten wir viele Höhenmeter runter aus dem Park hinausradeln. Es war landschaftlich und für die Beine eine coole Abfahrt von über 1000 Höhenmeter.


Wir hatten Glück und die Box Canyon Road war wieder geöffnet. Mit all dem untypischen Regen hier in der Wüste sind immer wieder Strassen überflutet und darum geschlossen. Zum Glück konnten wir aber durch den Canyon fahren, denn die Autobahn wäre für uns keine Alternative gewesen. Der Canyon war wunderschön und um etwa 16.00 Uhr beschliessen Simon und ich in einem Seitental unser Nachtlager aufzubauen.

Leti möchte noch etwas weiterfahren, da wir am nächsten Morgen eine Wanderung machen möchten. Zwei Rennradfahrer haben uns dies empfohlen. Wir hatten in unserem Seitental viel Glück und finden ein schönes Plätzchen mit etwas Feuerholz. So geniessen wir den Abend mit Drohnenaufnahmen, etwas lesen und einem Lagerfeuer.




Es hat sich gelohnt, denn Leti musste am Wegrand zum Start der Wanderung übernachten. Die 5 Meilen zum Start ist eine Lehm-/ Schotterstrasse und unmöglich zu fahren. Also lassen wir die Wanderung leider ausfallen und fahren weiter zum nächsten Einkaufsladen. Es fühlt sich bereits ein wenig wie Mexico an. Fast alle Menschen sprechen Spanisch und das Einkaufen ist nicht mehr so einfach, weil es viele neue und andere Lebensmittel hat. Gemeinsam mit Leti fahren wir weiter. Hier gibt es hauptsächlich Landwirtschaft und es ist flach. Die Fahrt ist daher unspektakulär und wie kommen bereits fürs Mittagessen in Bombay Beach an. Das ist ein kleines Dorf am Salton Sea. Unser Warmshower von Twentynine Palms ist in den letzten vier Tagen gezügelt und wir können gleich nochmals bei ihm übernachten. Zuerst essen wie allerdings unser Mittagessen im kleinen Kaffee des Dorfes. Bombay Beach ist sehr interessant.

Die gesammte Gegend ist geprägt vom Salton Sea, der Anfang des 20 Jahrhunderts wegen eines Dammbruches bei der Umleitung des Colorado Rivers ausversehen entstanden und hat die ganze Gegend geflutet. Als der See langsam wieder austrocknete ist das geflutete Dorf Bombay Beach wieder entstanden. Im Sommer ist es allerdings unterträglich heiss und der See stinkt bestialisch. Darum war die Gegend lange eine unsichere. Es gab viele Drogen und das Dorf war gefährlich. Doch in den letzten Jahrzehnten wurde das meiste Land an Künstler verkauft. Jetzt ist es eine super coole, etwas heruntergekommene aber spannende Künstlerstadt. Einige leerstehende Häuser wurden zu Kunstprojekten umgewandelt und am Strand des Sees hat es unglaublich viele spannende Austellungsobjekte. Da AJ, unser Wamshower, erst spät Abends kommt, konnten wir alles bereits in sein Haus stellen. Es ist eigentlich ein Wohnwagen mit Anbau und noch sehr renovierungsbedürftig. Aber für uns ist es ein super Ort, denn morgen regnet es tatsächlich wieder in der Wüste und wir sind froh ein Dach über dem Kopf zu haben.


Wir erkunden die Ortschaft mit unseren Rädern und bestaunen all die Kunst am Strand.




Spontan werden wir von AJ’s Freunden zum Abendessen eingeladen. Kathrin, Lyosha und Freeman heissen uns herzlich in ihrem schön ausgebauten Campinghaus willkommen. Kathrin ist Köchin und so bekommen wir ein super feines Abendessen serviert mit feinem frischem Salat. Es ist so spannend von ihrem Projekt zu hören. Sie sind Teil des Mars Collages. Von Januar bis März findet gleich ausserhalb von Bombay Beach in der Wüste ein dreimonatiges Treffen statt. Es hat etwas Ähnlichkeiten zum Burning Man der Fokus liegt allerdings stark auf Bildung. Alle Teilnehmer können Kurse anbieten oder teilnehmen oder gemeinsam an Projekten tüfteln. Ein Fokus ist dabei KI. Das ganze ist praktisch gratis, da alle einfach in ihren Campern oder Autos in der Wüste wohnen. Sie bauen ein kleines Dorf mit Infrastruktur und haben Solarstrom und gutes Internet. Es klingt nach einem sehr spannenden Projekt bei dem es auch darum geht, Bildung ohne sündhaft teure Semestergebühren zu ermöglichen. Nach dem super leckeren Essen verabschieden wir uns bei Zeiten und gehen zurück zu AJ’s. Wir sind noch keine 5 Minuten weg, da ladet uns Lyosha gleich noch zum Frühstück am nächsten Tag an. Wir gehen also glücklich ins Bett und geniessen das Dach als der Regen kommt. Pünktlich um 7.00 Uhr stehen wir wieder bei den Dreien auf der Matte. Es gibt ein super feines und gesundes Frühstück. Danach verbringen wir den regnerischen Vormittag im Haus von AJ und machen einige Telefonate in die Heimat. Nach dem Mittagessen führt uns AJ noch etwas durch Bombay Beach und erklärt uns die verschiedenen Kunstwerke.




Am Abend gehen wir gemeinsam in den einzigen Pub. Wir essen einen feinen Burger mit gutem Bier. Ein Freund von AJ kommt ebenfalls und jemand aus der Bar schliesst sich uns an. Die Unterhaltung über Verschwörungstheorien passt wunderbar in die Ortschaft, ist aber mit der lauten Musik und dem Lärm von vielen Leuten unglaublich anstrengend.

So sind wir froh, können wir uns bald verabschieden und zurück ins Bett. Wir sind uns die Ruhe der Natur und nicht eine volle Bar gewöhnt und bevorzugen diese auch. Am nächsten Morgen brechen wir trotz weiteren leichten Regenschauern auf. Wir kommen super schnell vorwärts, da wir nun endlich wiedermal Rückenwind haben. So treffen wie kurz vor dem Mittag in Niland ein und gönnen uns ein frühes bereits jetzt mexikanisches Mittagessen. Wir möchten eine Freundin von AJ treffen, welche seit vielen Jahren in Slab City wohnt. Sie kommt ursprünglich aus Deutschland. Wir treffen sie vor dem Restaurant. Es hat wieder zu regnen angefangen und Andra macht sich etwas Sorgen, dass wir von einer Sturzflut überrascht werden könnten. Deshalb schlägt sie uns vor, dass wir bei ihrer Freundin auf dem Camping in Slab City übernachten dürfen. Wir nehmen ihr Angebot an und fahren einige Kilometer auf einer alten sehr schlechten Schotterstrasse nach Slab City. Diese Stadt ist noch etwas verrückter als Bombay Beach. Nach dem zweiten Weltkrieg war hier eine Militärbasis. Nachdem diese nicht mehr genutzt wurde hat das Militär alle Häuser und Infrastruktur weggenommen ausser die Betonplatten im Boden. Diese nennt man Slabs, daher der Name Slab City. Bekannt ist die Stadt zum einen wegen ihrer vielen speziellen Kunst und zum anderen auch weil sie lange geprägt war von Drogen und Kriminalität. Die Kunst kann man immer noch bestaunen und sie ist beeindruckend. Salvation Moutain wurde von einem einzigen Künstler über Jahrzehnte gebaut. Er wohnte in seinem Wohnwagen und hat jeden Tag daran gearbeitet.



Ebenfalls sehr eindrücklich war die Kunstausstellung East Jesus. Ich weiss nicht, was es mit Jesus auf sich hatte, aber viele Kunst war eindrücklich und regt zum nachdenken an.







Neben diesen eindrücklichen Kunstobjekten ist die Stadt allerdings sehr heruntergekommen und man merkt, dass die Menschen hier wenig bis kein Geld besitzen und Drogen eine grosse Rolle spielen. Andra warnte uns daher, dass wir sehr gut auf unsere Wertsachen achten sollen. Wir seien nicht in Gefahr, aber Diebstahl sei sehr verbreitet. Slab City hat auch den Ruf die einzige und letzte ‚Free City‘ in den USA zu sein. Damit ist nicht gemeint, dass man tun und lassen kann was man will (kann man allerdings auch), sondern auch, dass es nichts kostet da zu wohnen. Die Menschen haben zwar ihre Häuser und ihr Land, aber offiziell gehört es dem Staat resp. dem County. So zahlen sie alle keine Steuern oder Miete. Strom haben sie dank Solarpanels, welche ausnahmsweise während unseres Daseins wegen dem Regen nicht funktionierten. Zum Glück ist dies selten der Fall. Wasser haben diejenigen, welche sich einen Tank leisten können. Am Anfang des Dorfes hat es eine Hot Spring und viele Menschen waschen sich da. Wir haben dann darauf verzichtet. Von Andra wurden wir herumgeführt und zu ihrer Freundin Mojo gebracht. Bei ihr durften wir campen. Darum beschlossen wir trotz des schlechten Rufes und der Kriminalität da zu bleiben. Es war sicherlich gut, wurden wir von einer Einheimischen begleitet und vielen Personen vorgestellt. So hatte ich das Gefühl, dass wir als Gäste akzeptiert wurden und sich die Menschen eher über unser Dasein freuten anstelle von skeptisch zu sein. Ohne Einladung würde ich den Ort wohl nur bei Tageslicht besuchen, dann ist es kein Problem. Wir stellen unser Zelt auf und nehmen aber alles andere vorsichtshalber noch auf unsere Erkundungstour mit.

Als es Dunkel wird gehen wir zurück schliessen einiges in einem Schliessfach ein und lassen anderes im Zelt. Mojo hat uns versprochen da zu bleiben und auf unsere Sachen aufzupassen. Also gehen wie zu Fuss zu ‚the Range‘. Es ist zufällig Samstagabend und deshalb findet hier ein Treffen mit Open Mic statt. Wir konnten uns nicht viel darunter vorstellen und waren positiv überrascht. Verschiedene Bands und Einzelpersonen spielen Musik. Es ist wirklich gut und sehr spannend.

Der Burgerstand hat auch noch offen und wir erhalten das günstigste Essen in den USA. Die Besitzerin verlangt nämlich nur die Deckung ihrer Einkäufe. Verdienen kann sie aussschliesslich durch Trinkgeld, was wir ihr gerne geben. Wir sehen einige Menschen von den Hot Springs wieder, welche uns Andra vorgestellt hat. Leider kann man die Drogen bei fast allen erkennen. Wir beobachten nicht allzu genau, was hinter uns alles konsumiert wird. Es war sicherlich mehr als wir uns das gewohnt sind. Dennoch waren sie sehr nett zu uns.

Eine Person kam und redete etwas mit uns. Sie lebt aus ihrem Auto und geniesst den Winter, weil sie dann in Slab City ein Zuhause hat. Während des Sommers, wenn es hier unausstehlich heiss ist, muss sie irgendwo auf der Strasse unterwegs leben. Ich denke, vielen Menschen hier hat diese Stadt und dieser Ort eine Heimat geschenkt. Trotz aller Probleme, die es mit sich bringt, scheint es sehr gut, dass Slab City existiert. Auch der Staat hat wohl kein Interesse zu intervenieren, da diese Menschen sonst obdachlos in den Städten leben würden. Es wäre dennoch schön, wenn Hilfe und Unterstützung da ist. So hat Andra leider keine Zeit mehr für uns, da sie versucht ein Funding für diese Samstagabend Musikprogramme Geld zu organisieren. Das scheint mir so wichtig und richtig. Wir hoffen sehr, dass Slab City ein sicherer Ort für Menschen ohne Heimt bleibt und Kunst im Fokus steht. Trotz all der guten Begegnungen schlafe ich nicht gut. Leti und Simon und ein anderer Zeltnachbar schnarchen vor sich hin und ich bleibe als Wachhund sehr wachsam. Das werde ich wohl nie ganz los und freunde mich damit an immer wiedermal wenig zu schlafen. Es bleibt allerdings absolut ruhig und wir können Slab City mit einem guten Gefühl hinter uns lassen. Wir nehmen die letzten Kilometer richtung mexikanische Grenze in Angriff. Leti will einen Umweg in eine grössere Stadt machen und geht bereits los. Wir machen unseren Einkauf in Niland und gehen auch los. Keine 5 Minuten später hören wir Leti rufen. Sie wollte eine Nebenstrasse nehmen um nicht auf dem Highway zu fahren. Nur sind Schotterstrassen nach diesem Regen keine gute Idee und sie ist steckengeblieben. Wir wollen ihr helfen, doch da schafft sie’s alleine und zieht wieder los. Wir nehmen nur geteerte Nebenstrassen und fahren zu den Hot Springs kurz vor der Grenze. Da treffen wir auch die belgische Familie wieder. Wir geniessen die Hot Springs und den letzten Abend in den USA.


Die Aufregung steigt, denn morgen kommt der grosse Tag und wir nehmen den spanisch sprechenden Teil unserer Reise in Angriff. Diese Nacht schlafe auch ich wieder besser und so ziehen wir alle gemeinsam los Richtung Mexico. Die Ausreise aus den USA ist inexistent. Es interessiert sie nicht, dass wir gehen. Auf der Mexikanischen Seite müssen wir durch eine Art Security wie am Flughafen. Allerdings dürfen wir alles am Fahrrad lassen und stossen diese einfach durch den Kontrollbogen. Natürlich blinkt und piepst es, aber das interessiert den Beamten nicht. Wir gehen alle gemeinsam zur Immigration. Es sind zwei Zollbeamtinnen. Sie fragen was wir den vorhaben, wo wir übernachten und hinreisen. Wir erklären unsere wagen Pläne und der Fall ist schnell klar. Wir erhalten alle die maximale Visadauer von 6 Monaten. Dann heisst es noch etwas Papierkram ausfüllen und eine Gebühr von etwa 40.- CHF pro Person und das wars dann. Danach quatschen wir noch etwa 5 Minuten mit ihnen und fragen nach einer guten Route und Wasserauffüllmöglichkeiten. Ausser uns ist auch sonst niemand da. So ziehen wie glücklich weiter und können es kaum glauben bereits in Mexico zu sein. Das fahren will dann etwas gelernt sein. Es gibt sehr viele Stopstrassen. Wir bauen einen kleinen Auffahrunfall mit unseren Fahrrädern. Zum Glück hat sich niemand verletzt und das Gepäck kann geflickt werden. Gemeinsam gehen wir Mittagessen und anschliessend zum Hotel. Ich habe auf Booking ein Angebot gefunden. 68.- CHF für zwei Zimmer mit 5 Erwachsenen und 1 Kind inkl. Frühstück. Super günstig, dafür nicht die schönste Gegend der Stadt. Wir teilen unser Zimmer mit Leti und gehen alle gemeinsam Abendessen. Leti wurde noch zu einer Velofahrt durch die Stadt eingeladen und nachdem ich mich versichert haben, dass es eine coole Gruppe ist, die sie wieder zum Hotel bringt gehen wir Schweizer früh ins Bett. Nach all der Aufregung der letzten Tage kann ich einen guten langen Schlaf gebrauchen…. (bis der Zug mich am morgen früh aus dem Bett hupt!) Bienvenido a Mexico!

Sehr spannende Gegend, die ihr da durchquert habt! Buen viaje por México!