Der Stewart Cassier Highway mit (zu) vielen Bären 

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Nach einem kleinen Abstecher in das Visitor Center von Watson Lake sind wir wieder 20km zurück zur Abzweigung vom Stewart Cassiar Highway gefahren. Mit viel Vorfreude und Spannung auf diesen Highway, von dem wir so viel gehört haben, sind wir los geradelt. Das Wetter war bewölkt aber trocken. Wir kamen gut vorwärts und konnten bei einem schönen See Drohnen fliegen.

Am Abend haben wir beim Campingplatz Lucy und Sierra wieder getroffen. Ebenfalls auf dem Campingplatz war ein Paar aus Bern mit ihrem Camper. Sie sind seit 2018 unterwegs und haben sowohl Süd- wie Nordamerika bereist. Nach viel Reden und einem guten Abendessen gingen wir glücklich schlafen. 

Hoch und runter auf dem Cassiar
Ein (kleiner) Pass erreicht

Am nächsten Tag war unsere Vorfreude auf eine spezielle Übernachtung gross. Wir haben ein Cabin reserviert in der Nähe von Jade City. So macht uns auch der Regen nicht so viel aus, denn um 16:00 Uhr kommen wir bei diesem super schönen Häuschen an. Nach einer warmen Dusche im Freien können wir sogar ein Feuer im Ofen machen und bekommen ein selbst gekochtes Abendessen von der Besitzerin. Es ist eine sehr schöne Auszeit für eine Nacht in einem richtigen Bett und nicht auf löchrigen Luftmatratzen.

Vines & Puppies Cabin

Leider ist das Häuschen am nächsten Tag bereits ausgebucht und wir radeln weiter.  Nach einer kurzen Pause bei einem Rastplatz bleiben wir schnell wieder stehen, denn ein Schwarzbär sitzt im Gebüsch. Wir schauen ihn an – er schaut uns an und nachdem wir einmal gerufen haben, ist er schon fast ganz verschwunden. Ein sehr schönes Bärenerlebnis. Es war ein kleiner süsser Schwarzbär. Heute ist das Wetter gegen Abend wieder besser und wir übernachten an einem schönen See und geniessen die Abendstimmung. 

Simon entdeckt eine neue Bademode
Weitere Übernachtung am See

Am nächsten Tag geht es direkt nach Dease Lake dem einzigen grösseren Ort auf dem Cassier Highway und einem grossen Einkaufsladen. Wir möchten spontan in Dease Lake einen Ruhetag machen. Nur leider ist das Motel komplett ausgebucht und es gibt nur einen RV Park, der keine Zelte haben möchte. Nach einer kurzen Krisensitzung beschliessen wir eine Lodge etwa 100 km weiter zu reservieren und noch zwei Tage zu radeln. Wir kaufen ein und fahren 10km zu einem schönen Campingplatz am Fluss. Die Beine und auch der Kopf sind langsam müde aber nun geht es doch noch mal hoch und runter und hoch und runter und wir übernachten einmal mehr an einem See. Erstaunlicherweise mögen die Beine dann doch noch ganz gut.

Schöner Mittagsrast
Das ist wohl nicht mehr in Betrieb
schöne Strasse

Nach fast zwei Wochen ohne kompletten Ruhetag sind wir froh bei der Red Goat Lodge anzukommen und einen Tag Pause zu machen. Wir nützen das gute Internet, denn der ganze Highway hat auf 700 km keinen Handyempfang. Man stelle sich das mal vor, dass ist etwas weiter als Basel bis Florenz. Wir telefonieren mit Familie und Freunden, was sehr viel Freude macht. Am nächsten morgen wachen wir bei starkem Regen auf. Wir frühstücken und packen schon fast alles zusammen, doch es regnet immer noch in Strömen. Wir überlegen lange, ob wir weiterfahren sollen. Doch der Regen hält uns ab und da das Motelzimmer noch frei ist für eine weitere Nacht bleiben wir. (Herzlichen Dank an alle Hotelübernachtungsgeschenke – es kam uns sehr gelegen.) Nun verbringen wir wirklich einen Tag mit faulenzen, Fernseh schauen und nichts tun. 

klassisches Motel

Es hat sich gelohnt, denn am nächsten Tag können wir bei Sonnenschein losfahren. Wir kommen sehr gut voran und machen trotz vielen Höhenmetern auch viele Kilometer. Wir sehen ganz viele Tiere.

Ein Reh überquert die Strasse
Ein Stachelschwein am Strassenrand
Auch wilde Hasen gibts viele – nur oft zu schnell für die Kamera

An diesem Tag stellen wir sowohl einen neuen Kilometer wie auch Höhenmeter Rekord auf. Wir kommen bereits um 17:30 Uhr bei unserem vorgesehenen Ziel an. Da wir hungrig sind kochen wir so gleich Abendessen. Es gibt Fertigteigwaren von Knorr, die etwas scharf sind. Da es erst kurz nach sechs ist, beschliessen wir noch etwas weiterzufahren. Die Sonne ist immer noch schön am Himmel und es ist lange hell. Das war vielleicht eine Fehlentscheidung im Nachhinein, aber wer weiss das schon. Wir haben einen Rastplatz in gut 23 km im Sinne die mehrheitlich abwärts gehen. Nach etwa 5 km rufe ich laut zu Simon STOPP und wir sehen vorne einen Bär über die Strasse laufen. Er hat uns nicht gesehen und ist weit weg. Wir warten noch einige Minuten und  fahren dann rufend weiter. 

Gleich darauf im Gebüsch verschwunden

Nach einigen Kilometern halten wir erneut an. Da bewegt sich etwas Schwarzes am Strassenrand ziemlich weit vorne. Simon nimmt die Kamera raus und knippst einige Fotos. Es scheit eine Mutter mit Kind zu sein. Wir warten also erneut. Es fahren einige grosse Lastwagen vorbei und ein zwei Autos. Nachdem wir den Bär nicht mehr sehen, fahren wir ebenfalls rufend weiter. Doch diesmal ist er leider nicht weg.

Da sind sie noch weit weg

Als wir eigentlich schon fast vorbei sind, kommt er auf die Strasse. Wir rufen und holen den Bärenspray raus. Zuerst scheint er zu verschwinden, doch plötzlich ist er wieder da. Nun hat Simon genug und feuert etwas Spray auf ihn. Gut getroffen trifft es die Bärin im Gesicht und sie geht weg. Wir gehen langsam Fahrräder stossend weiter und nur schon beim Durchlaufen vom Resten Spray in der Luft spüren wir die Stärke des Pfeffers. Zu all dem kommt nun auch noch ein grosser Lastwagen und wir wissen nicht, ob uns dies freuen soll oder nicht. Sein lautes Huppen hilft jedenfalls und die Bärin verschwindet nun definitiv im Gebüsch. Wir laufen noch etwas weiter und schauen immer wieder zurück. Dann setzten wir uns auf die Fahrräder und schnell weg. Das Adrenalin ist hoch und wir möchten schnellstmöglich zur Rest Area und ins Zelt verschwinden. Doch einige Kurven später, man glaubt es kaum, nochmals ein Bär. Wir halten weit weg und rufen mal. Diesmal reagiert er resp. sie, wie im Bilderbuch. Ab und davon ins Gebüsch gefolgt von mindestens einem Baby, wie wir sehen. Wir bleiben stehen und hoffen, dass bald einige Autos kommen. Doch nun ist es eben doch langsam spät geworden und die beiden Camper, welche vorbeifahren, verstehen unser Winken eher falsch und fahren schnell weiter. Nach einiger Zeit fahren wir wohl oder übel weiter, diesmal auch ohne Probleme und kommen kurz darauf beim Rastplatz an. Dieser ist nichts besonderes und nahe an der Strasse, aber das ist uns jetzt egal. Es hat fast keinen Wald, was sicher gut ist, denn da sind die Bären lieber. Wir stellen das Zelt auf und gehen so schnell wie möglich rein. Im Nachhinein war das Verhalten der Bärin wohl defensiv und nicht agressiv. Dennoch ist sie mit nur knapp 3 Meter Entferung definitiv zu Nahe und ein sehr eindrückliches Tier.

Immerhin eine schöne Abendstimmung

Nach all dem Troubel haben wir gar nicht richtig gemerkt, dass der heutige Tag ein neuer Rekord war. Wir haben 107km und 989 Höhenmeter hinter uns gebracht. Zwei grosse Lastwagen halten ebenfalls noch hier und machen einen heiden Krach. Heute Nacht ist mir dies aber noch so Recht. Die Nacht ist dann nicht so erholsam , denn das Adrenalin hat noch lange angehalten. Am nächsten Morgen essen wir noch trocken Frühstück. Das Wetter ist allerdings sehr regnerisch angesagt und ich frage mich langsam, ob ich diesen Weg wirklich weiterfahren will/soll/muss. Die Vorstellung wieder durch eher waldiges Gebiet zu fahren ist nun doch sehr schwer. Ausserdem ist die Gegend südlicher von uns, also da wo wir hinfahren, bekannt für Grizzlys.

Diese Blaubeeren sind die Bärenattraktion

Dennoch setzen wir uns mal aufs Rad und fahren einige Meter, als es zu regnen beginnt. Ich bin absolut nicht mehr begeistert von der Vorstellung im grossen Regen durch diese Bärenlandschaft zu fahren. Und so kommen wir zur Entscheidung, dass wir versuchen Autostopp zu machen. Schliesslich war diese Reise von Beginn an kein sportliches Ziel und soll uns Spass machen. Es fällt dennoch sehr schwer in einem solchen Moment einzugstehen, dass es nicht mehr weitergeht ohne ein Gefühl des Versagens zu spüren. Aber als wir uns Umdrehen und einen guten Ort vor der Raststätte suchen um Autos anzuhalten, sehen wir, man glaubts kaum, nochmals ein Bär. Das war dann doch einer zu viel und so beginnen wir mit dem Autostopp. Die Kanadier sind unglaublich hilfsbereit. Bereits der erste Camper hält an. Er hat zwar ein Fahrradträger, aber keine weiteren Sitze für uns. Dennoch fragen sie, ob wir etwas zu trinken brauchen oder sie uns sonst helfen können und noch während ich mit ihnen rede, winkt Simon dem ersten grossen Pick-Up Truck und der hält sogleich an. Eugene und Tina von Dease Lake sind auf dem Weg nach Süden und nehmen uns sehr gerne mit. Wir können einfach alles auf die Ladefläche packen und hinten Platz nehmen. Sie sind super nett und freundlich. Wir bekommen noch Äpfel und Gurken zu essen und es ist spannend mit ihnen zu schwatzen. Sie sind beide hier geboren und aufgewachsen und haben sich ein Lebenlang an die Wildtiere und das raue Wetter gewöhnt. In der Zwischenzeit regnet es in Strömen und wir sind doch auch froh im Trockenen und Warmen zu sein. Unglaublich ist dann natürlich die Distanz. Wir entschliessen uns bis nach Kitwanga mit ihnen durchzufahren. So lassen wir zwar Stewart aus, aber eine Grizzly Detour ist wohl im Moment nicht gerade unser grösster Wunsch. (Heute mit 2 Tagen Abstand würden wir möglicherweise anders entscheiden, aber auch dies gehört zum Reisen dazu.) Also fahren wir gute 3 Stunden mit ihnen und überspringen so gute 4 Tage Fahrradfahren. Positiv ist, dass in Kitwanga die Sonne scheint. Natürlich sind wir auch weiterhin im Bärenland und wir werden uns sicherlich vom Schock erholen und wieder gut weiterfahren können. Der grösste Unterschied ist, dass wir nun in viel dichter besiedelten Gebieten sind und wie wir heute eindrücklich erlebt haben, sind die Menschen unglaublich hilfsbereit. 

Totem Poles vom Kitwanga

So ist also unser Abenteuer auf dem Stewart Cassier Highway etwas schneller beendet als geplant. Dennoch haben wir sehr schöne 430km mit dem Fahrrad durchquert und die Landschaft bewundert und sind 300km wie die meisten mit etwas mehr Geschwindigkeit fertig gefahren. Mit noch fast frischen Beinen gehts jetzt nach Terrace, ein grösserer Ort, der vielleicht sogar gute Luftmatratzen verkauft. Nach einer ruhigen Nacht in Kitwanga, in der zumindest ich wieder viel besser geschlafen habe. Für Simon hatte es wohl etwas viel Verkehr auf der Strasse im Dorf. Besser ausgeruht und erholt vom Bärenschock sind wir dann zügig nach Terrace gefahren. Jedenfall so zügig wie möglich, denn nun hatten wir doch immer wieder ziemlichen Gegenwind und nach dem Mittagessen mussten wir den zweiten Platten an Simons Hinterrad flicken. 

Die Seven Sisters in den Wolken

Nichts desdo trotz sind wir gut und fast pünktlich bei unserem Warmshower angekommen. Sie haben uns herzlich empfangen und wir dürfen im Gästezimmer im Erdgeschoss mit eigenem Bad übernachten. Wir haben sogar ein selbstgekochtes sehr leckeres Abendessen zusammen genossen und viel mit ihnen geredet. Nun werden wir Terrrace erkunden und uns erholen. 

Die alte Brücke nach Terrace

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Koch Urs-Martin

    Ja da geht was! Weiterhin viel Spass und alles Gute.

  2. Irena

    Danke für die schönen Bilder und Texte! Viel Glück weiterhin!

  3. Susi

    Ui ui ich hätti au viel Respekt vor de Bäre. Ihr händ das guet gmeisteted, super! Witerhin schöns Wätter und gueti Reis. Omimi Susi

  4. Marcel

    Wow…, passt weiterhin gut auf Euch auf und geniesst es!