Die Wüste ist nicht flach

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Von Las Vegas Richtung Mojave Wüste und Joshua Tree Nationalpark ist die Routenplanung gar nicht so eifach. Der direkteste Weg wäre der Freeway 15, aber auf die Autobahn wollen wir nicht und die parallel verlaufenden Service Roads sehen eher nach mühsamen Sandpiste aus. Also beschliessen wir die Stadt Richtung Osten nach Henderson und Boulder City zu verlassen und erst dann südlich zu fahren. Nachdem wir uns vom Hotelzimmer verabschiedet und unsere Velos nochmals durchs Hotelcasino geschoben haben, ging es bei wenig Verkehr los und wir waren schon bald auf einem Veloweg entlang dem Freeway. Wir waren ganz alleine auf dem Veloweg und es war ein ziemlicher Kontrast zu San Francisco, wo es überall Velos unterwegs hatte. Erst in Henderson, als der Veloweg nicht mehr dem Freeway, sondern einer alten Zugstrecke entlang ging, trafen wir einige Rennvelofahrer. So auch Paul, der auch schon einige längere Touren hinter sich hatte. Beim zweiten Versuch, gelang es ihm dann, uns zu sich nach Boulder City einzuladen. Wir wollten zuerst eigentlich noch weiterfahren, aber sind an diesem Tag sowieso nicht so schnell vorangekommen. Die Stadt mit ihren Ampeln und der immer leicht ansteigende Veloweg brauchen schon sehr viel mehr Zeit, als wenn es einfach gerade durch die Wüste geht. Die Ampeln kommen uns in Las Vegas sowieso sehr langsam vor. Egal ob als Fussgänger, Velo oder Auto, wenns mal rot ist wartet man eine gefühlte Ewigkeit auf das grüne Licht. So beenden wir unsere Tagesetappe nach dem Mittagessen und einem kurzen Abstecher zu Paul‘s Appartement in Boulder City und wir bereuen es nicht. Paul nimmt uns am Nachmittag mit dem Auto noch mit zum Lake Mead und zum Hoover Dam und zeigt uns die besten Aussichtspunkte. So kommen wir ganz unverhofft noch für einige Minuten nach Arizona, den sechsten US-Bundestaat auf unserer Reise. Ausserdem können wir in einem Park in Boulder City endlich eine Herde Big Horn Sheep sehen. Zum Abendessen gehts in ein lokales asiatisches Restaurant und wir schlage uns die Bäuche voll bevor wir ganz erschöpft schon früh ins Bett gehen. Lustigerweise ist Paul‘s Grossvater in Thun aufgewachsen, bevor er in die USA auswanderte. 

Eine Herde Big Horn Sheep in Boulder City
Der Hoover Dam
Lake Mead
Ein kurzer Abstecher nach Arizona

Gut erholt starten wir am nächsten Morgen die lange gerade Etappe auf dem Highway 95 Richtung Searchlight. Die Strasse ist meistens leicht ansteigend und der Wind bläst kräftig von vorne. So kommen wir nur langsam voran. Es soll auch in den nächsten Tagen so weitergehen. Die Wüsten hier sind nämlich nie wirklich flach und die langen Anstiege mit nur leichtem Gefälle auf endlosen geraden Strassen sind mental viel schwieriger zu bewältigen als die kurzen knackigen Anstiege entlang der Küste, wo man immer nur ein paar Meter bis zur nächsten Kurve sieht. Auch der Wind kommt immer wieder mal ins Spiel und die Wetterlage für die nächsten Tage ist sehr unsicher und unberechenbar. Kurz nach Searchlight verbringen wir aber noch eine ruhige Nacht mitten in den Joshua Trees. Obwohl wir schon etwa 100 Kilometer Luftlinie von Las Vegas weg sind, sieht man Nachts immer noch das glühen der Lichter am Horizont. 

Abendstimmung inmitten der Joshua Trees

Für den nächsten Tag haben wir eine lange Etappe geplant, denn wir wollen Leti in der Mitte der Mojave Wüste wieder treffen. Sie hat Las Vegas ausgelassen und uns so wieder eingeholt. Nach dem ersten Anstieg des Tages verlassen wir Nevada und sind nun wieder in Kalifornien. Die Autofahrer erscheinen uns hier sofort wieder freundlicher. Einen kurzen Stopp machen wir im etwas verlotterten Dörfchen Nipton. Einen Kaffee bekommen wir zwar leider nicht, aber immerhin können wir unser Wasser auffüllen. Nach einem weiteren langezogenen Anstieg kommt eine lange Abfahrt zum Kelso Depot. Der alte Bahnhof ist nun ein Museum, das zurzeit geschlossen ist. Weil dies der einzige Ort mit Wasser, WC und einem Unterstand ist und es in der Nacht regnen soll, packen wir unsere Schlafsäcke und Matten aus und legen uns unter dem Vordach schlafen. Es fahren nur noch ein paar Güterzüge durch und es kommen einige Autos für einen WC-Stopp aber ansonsten haben wir eine ruhige Nacht und der angesagte Regen bleibt aus.

Das verlassene Dörfchen Nipton
Hier suchen wir Schutz vor dem Regen
Kilometerlange, doppelstöckige Güterzüge fahren hier durch die Wüste

Am nächsten Morgen haben wir eine schwierige Entscheidung zu treffen. Das Wetter war eigentlich sehr schlecht mit viel Regen und Wind angesagt und wir rechneten damit, den Tag vor dem geschlossenen Museum zu verbringen. Nun sieht es aber besser aus als gedacht und wir machen uns zu dritt auf den Weg zum nächsten langen Anstieg. Erst als wir fast oben sind, beginnt es etwas zu regnen und zu winden. Als wir Leti nur für einige Minuten aus den Augen lassen, hat sie schon einen Mitfahrgelegenheit gefunden und düst an uns vorbei als wir uns auf der Passhöhe warm anziehen und ein paar Snacks essen. Die Abfahrt war dann ein guter Lohn für die Höhenmeter der letzten Tage und es ging während 40 Kilometer über 1000 Höhenmeter bergab. Die letzten 10 Kilometer konnten wir noch auf der legendären Route 66 nach Amboy fahren. Mehr war leider nicht möglich, da die Strasse vor einigen Jahren weggeschwemmt und noch nicht repariert wurde. In Amboy lesen wir, dass Leti noch weiter mitgenommen wurde aber wir haben genug für heute und können gegenüber der Tankstelle in einem verlassenen Haus unser Zelt aufstellen. Wir sind froh, so vom starken Wind geschützt kochen, essen und schlafen zu können, obwohl auch in dieser Nacht der angesagte Regen ausblieb. 

Am Morgen sieht das Wetter noch gut aus
Auf dem Pass ist es dann regnerisch
Immerhin 10 Kilometer können wir auf der Route 66 fahren
Auch in Amboy macht das Wetter was es will
Nach dem Regen kommt die Sonne

Von Amboy nach Twentynine Palms ging es noch einen langen Anstieg hoch und wir spüren unsere Beine langsam. Es wird wieder Zeit für einen Ruhetag und wir planen diesen für den Joshua Tree National Park. Twentynine Palms ist eine sehr komische Ortschaft, denn die Grundstücke und die Distanzen zwischen den Häusern sind riesig und wir fahren noch etwa zwei Stunden bis zu unserem Warmshowers Host AJ, der am Rand der Stadt im off-grid Style mit eigener Strom- und Wasserversorgung lebt. Sein Haus ist noch eine Baustelle und er ist gerade dabei etwas weiter in den Süden zu ziehen. So stellen wir das Zelt bei ihm im Garten auf und bekommen ein paar gute Ratschläge für die Weiterreise. 

Das Bild ist gerade aufgenommen. Es ist das Terrain, das hier immer etwas geneigt ist.
Spuren des Regens. Einige Seitenstrassen sind geflutet und unpassierbar
The End of The World – Für uns gehts aber noch weiter.

Der Ruhetag muss zuerst verdient werden, denn es geht nochmals fast 1000 Höhenmeter hoch in den Joshua Tree Nationalpark. Zum ersten Mal seit dem Denali in Alaska zahlen wir hier wieder eine Eintrittsgebühr, denn der Government Shutdown ist vorbei und die Eingänge zum Park sind wieder besetzt. Am Morgen ist es vom Regen der letzten Tage noch sehr feucht und als die Sonne rauskommt, wird es sehr warm und wir kommen gehörig ins Schwitzen. Mit zunehmender Höhe kühlt es langsam ab und es zieht ein kühler Wind auf. Die Landschaft ist aber faszinierend und wir bestaunen die Felsformationen und natürlich die Joshua Trees. Auf dem Campingplatz angekommen, treffen wir Leti wieder, verziehen uns aber schnell ins Zelt weil die Sonne weg ist und ein kalter Wind weht. Mit fast all unseren Kleidern am Körper müssen wir dann aber zum kochen nochmals aus dem Zelt. Wir haben wirklich nicht damit gerechnet, dass es hier in der Wüste des Joshua Tree Nationalparks so kalt sein wird. Noch vor kurzem waren wir im Death Valley mit knapp 35 Grad. Als wir uns schon wieder ins Zelt verkriechen wollen, kommt unser Wasser und Essenslieferant Walker mit dem Auto an. Wir freuen uns sehr, dass für zwei Nächte extra von Santa Cruz angereist ist und uns mit luxuriöseren Lebensmitteln, Getränken uns Snacks versorgen kann. Lange halten wir es aber nicht aus uns verziehen uns in den warmen Schlafsack.

Unser letzter US-Nationalpark auf dieser Reise
Skull Rock
Spannende Bäume und Felsformationen im Joshua Tree Nationalpark

In der Nacht und am Morgen regnet es immer wieder. Gut, dass wir heute unseren Ruhetag machen und nicht früh los müssen. Als der Hunger sich meldet, müssen wir dann doch den warmen Schlafsack verlassen und uns dem Wetter stellen. Gegen Mittag wir der Tag dann gleich zweifach besser. Erstens kommt die Sonne raus und wärmt uns ein bisschen und zweitens kommen Sara und Han mit dem Auto vorbei. Sie bleiben in der Nähe des Parks bei Freunden und konnten ein Auto ausleihen um uns zu Besuchen währen Gab den Camper nach Los Angeles zurückbringt. So haben wir nun eine fast komplette Zusammenkunft unserer Gruppe von der Pazifikküste. Den Nachmittag verbringen wir mit Essen und Entspannen bei Sonnenschein auf dem Campingplatz. Als es dann gegen Abend wieder kühl wird machen wir zum Aufwärmen noch einen Spaziergang zu ein paar imposanten Felsformationen und Ruinen. Sara und Han haben uns noch Feuerholz mitgebracht und so können wir uns auch nach dem Sonnenuntergang noch warmhalten und verbringen den Abend bei improvisieren Minipizzen, Bier und Marshmallows am Lagerfeuer. 

Gemütliche Mittagssonne mit Walker, Leti, Sara und Han
Noch mehr Joshua Trees
Abendstimmung im Park
Ein gemütlicher Abend am Lagerfeuer

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Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Susi

    Schöne Bilder und Begegnungen! Die Big Horn Schafe und die Joshua Trees gefallen mir besonders. Interessante Weiterreise wünscht Euch Omimi Susi

  2. Lena

    Der Joshua Tree NP sieht sehr cool und spektakulär aus! Jetzt seid ihr schon bald in Mexiko, wow!
    LG Lena
    P.S. Habt ihr die Palmen in Twentynine Palms gezählt? 😜

    1. Simon

      Gezählt haben wir nicht aber es waren sicher mehr als 29😜

  3. Marcel

    Sehr idrücklich!
    Wünsch Euch wyterhin e gueti und unfallfreii Reis
    lg Marcel😎

  4. Jolanda

    Interessante Fotos